Umwelt und Klima sind inzwischen als unausweichliche Megathemen in unseren Gedanken omnipräsent. Die Angst vor dem Klimawandel ist real und dass die Umwelt geschützt werden muss, ist keine Frage. Die meisten Menschen haben das verstanden und würden gerne einen Beitrag leisten.
Bei der Komplexität des Themas kann man allerdings schnell den Überblick verlieren, was denn nun Sinn macht und was man als Einzelner überhaupt bewirken kann. Hinzu kommen die Wertungen, die mit vielen Informationen verbunden sind. Das Einteilen in guter Reisender (mit dem Zug) vs. böser Tourist (mit dem Flieger), klimafreundlicher Esser (Vegetarier) vs. klimaschädigender Schlemmer (Fleischesser), bedachter Konsument (verpackungsfrei) vs. unaufmerksamer Verbraucher (Plastikmonster). In diesem Spannungsfeld kann man resignieren, in Widerstand gehen oder hoffen, dass technische Errungenschaften in der Zukunft alle Probleme lösen werden.
Oder man entspannt sich und richtet den Fokus auf alle positiven Strömungen, Menschen, Ideen, Unternehmen, die bereits vorhanden sind und verstärkt werden können. Ganz sicher bietet die Ernährung einen sehr großen Hebel, schnell und unmittelbar die Nachhaltigkeit zu erhöhen.
Studien über den Zusammenhang von gesunder Ernährung und einem gesunden Planeten sind durchaus motivierend. Die medizinischen Fachzeitschrift The Lancet veröffentlichte im letzten Jahr den Ernährungsplan eines internationalen Forscherteams unter dem NamenPlanetary Health Diet (pdf). Ziel des Planes ist, einen nachhaltigen Weg zu finden, die Menschen bis zum Jahre 2050 so zu ernähren, dass der Planet nicht unwiderruflich ausgebeutet wird. Gleichzeitig stellt er die Gesundheit des Menschen in den Fokus. Man wundert sich vermutlich nicht, dass dies nur mit einer pflanzenbasierten Ernährung funktionieren kann. Rein vegetarisch oder gar vegan sind die Empfehlungen trotzdem nicht, auch wenn sie am schnellsten wirken würden.
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Was können wir tun?
Im ayurvedischen Kontext dient alles, was wir tun, einem langen, gesunden und glücklichen Leben, sofern alle Teile des Systems in Harmonie sind. Anders ausgedrückt, wenn wir den Ast, auf dem wir sitzen, nicht absägen.
Unsere Entscheidungen haben eine starke Wirkung, wenn sie aus einem inneren Herzenswunsch entspringen oder dem Bild einer lebenswerten Welt. Wenn es uns wichtig ist, dass wir mit Mitmenschen und Tieren gut umgehen, dass wir der Erde Erholung und Regeneration ermöglichen, sparsamer mit den Resourcen umgehen usw.. Dieser innere Kompass von ethischen Werten ist in allen Kulturen über spirituelle Rituale und/oder Traditionen verankert. Heute verfügen wir zusätzlich über wissenschaftliche Fakten, Daten und Zahlen, die vielen zur Integration von Herz und Verstand dienen. Wir müssen dabei auf niemanden warten, schon garnicht auf den Zeitpunkt, dass Unternehmen und Politiker sinnvolle Klimamaßnahmen etablieren. Die Zukunft des Planeten liegt tatsächlich in der Hand jedes einzelnen von uns.
Empfehlungen für eine klimafreundliche Ernährung funktionieren immer und sind für jeden machbar. Sie verbinden uns mit etwas Größerem, frei von materiellem Scheinglück. Dies nährt uns UND unsere Umwelt, Geben und Nehmen sind in Balance, unbezahlbar und zertifikatefrei.
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5 Tipps für eine klimafreundliche Ernährung
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1. Kauf Biolebensmittel
-> Damit reduzierst du Schadstoffe auf den Feldern und in deinem Körper.
Die Kraft der Böden ist die Grundlage gesunder Ernährung. Nichts energetisiert uns mehr als ein gesunde Felder, auf denen die Nahrungsmittel ihre volle Kraft entfalten können. Diese sind uns in den letzten Jahrzehnten abhanden gekommen. Überdüngung, Pflanzengifte wie Glyphosat und Prozessoptimierung haben immensen Schaden angerichtet. Unter dem Deckmantel von Wachstum und Wohlstand wohlgemerkt. Deshalb ist jede Unterstützung regenerativer Landwirtschaft ein Geschenk an die Natur.
Was tun? Lebensmittel von Bauern kaufen, die mit wenig oder ohne Chemie wirtschaften. Diese findet man überall auf Wochenmärkten. Besonderer Tipp: die meisten Nährstoffe sind in den eher „hässlichen“ Gemüsen versteckt. Dann waren Wind und Wetter am Werke für eine starke Pflanze. Wenn kein Bauernmarkt in der Nähe ist, dann beim örtlichen Bioladen einkaufen und wenn auch das nicht geht, dann in der Bioabteilung im Supermarkt. Konventionelles Gemüse vom Discounter lässt man am besten liegen.
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2. Koch mehr mit saisonalen und regionalen Zutaten
-> Damit reduzierst du belastende Transporte und verbindest dich mit deiner Region
Es gibt eine Fülle im Verzicht, so widersprüchlich sich das auch anhört. Wenn wir darauf verzichten, Gemüse einzukaufen, das umweltbelastend aus anderen Kontinenten importiert wird, sieht man plötzlich die Fülle der heimischen Möglichkeiten. Und freut sich über die Einzigartigkeit seiner Region und Esskultur, den saisonalen Zyklus der Natur, den Anteil der Bauern daran. Man lernt Lebensmittel kennen, deren Namen man noch nie gehört hat. Federkohl, Schhwarzwurzeln, Mairüben sind z.B. weniger bekannte Traditionsgemüse, Emmer und Einkorn werden als Getreide wiederentdeckt.
Kürbis aus Argentinien, Äpfel aus Neuseeland, Sonnenblumenkerne aus China gehören dagegen nicht in den klimafreundlichen Haushalt. Und ja, es gibt nicht immer alles und jeden Tag. Auch diese Erfahrung ist ein Gewinn.
Was tun? Obst, Gemüse und Getreide von Bauern auf Wochenmärkten kaufen. Sie sind immer saisonal und frisch, voller Prana. Biokisten sind eine Hilfe für jeden, der zu Zeiten der Märkte an seinen Arbeitsplatz gebunden ist. Auch der örtliche Bioladen bietet zu einem größeren Teil Saisonware. In der Bioabteilung im Supermarkt studiert man am besten die Etiketten und greift hauptsächlich bei heimischer Ware zu. Denn 365 Tage im Jahr Zucchini oder Tomaten sind garantiert nicht nachhaltig, auch nicht aus Bioanbau.
Kleine Warnung: es gibt inzwischen sehr viel Bioware aus China (z.B. Hirse, Sonnenblumenkerne uvm.). Etiketten lesen ist daher unerlässlich.
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3. Ernähre dich überwiegend pflanzlich
-> Damit stärkst du die Nachhaltigkeit und gleichzeitig deine Gesundheit
Der Anbau von pflanzlichen Nahrungsmitteln hinterlässt einen eher kleinen ökologischen Fußabdruck. Die meisten Obst- und Gemüsesorten, Getreide und Hülsenfrüchte schonen das Klima und die Wasser-Resourcen. Es gibt Ausnahmen wie z.B. Avocados oder Palmöl. Gleichzeitig dient pflanzliche Nahrung mehr als alles andere der Gesundheit der Menschen. Die Generation der heute 100jährigen hat sich ein Leben lang überwiegend pflanzlich ernährt.
Was tun? Plane den größten Teil deiner Ernährung auf Pflanzenbasis. Gönn dir das Vergnügen einer Wildkräuter-Wanderung in deiner Region. Wenn dein Koch-Repertoire an Gemüsegerichten noch nicht sehr groß ist, findest du in vielen vegetarischen Kochbüchern, Magazinen und Foodblogs eine unerschöpfliche Anzahl an Rezepten. Hier übrigens auch ;-). Gemüsegerichte leben von der Frische der Ware, hochwertigen Ölen und spannenden Gewürzen. Das ist leichter als gedacht und man kann jeden damit verzaubern.
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4. Reduziere Fleisch- und Milchprodukte auf ein Minimum
-> Damit reduzierst du einen immens großen Anteil an CO2-Emissionen und verhinderst Tierleid
Im Gegensatz zur pflanzlichen Nahrung, weiß man heute, dass der tägliche Verzehr von Tierprodukten sowohl die Umwelt schädigt als auch die Gesundheit der Menschen. Der Körper reagiert mit vielfältigen Krankheitsbildern, trotzdem ist dies ein absolutes Triggerthema. Verzicht auf Fleisch ist für viele Menschen eine ganz rote Linie. Reaktionen auf diese Idee sind hoch emotional und oft irrational.
Dass wir mit wenig Fleisch prima leben konnten in der Vergangenheit wird völlig ignoriert. Ich glaube nicht, dass alle Menschen Vegetarier oder Veganer werden müssen, um die Welt zu retten. Ich glaube sogar daran, dass manche Menschen Fleisch benötigen für ihre Gesundheit (s. Ernährungskompass von Bas Kast). Aber die Wahnsinnsmenge und minderwertige Qualität, die heute im Angebot ist, macht alle krank, die Menschen, die Tiere und natürlich die Umwelt. Die industrielle Tierhaltung zerstört Wälder und Ökosysteme, produziert einen immensen Umfang an Treibhausgasen, und ist für die Tiere etwas sehr Grausames. Wir können das schon lange nicht mehr verdrängen und im Unterbewußtsein schmerzt es uns. Die Idylle des Bauernhofes mit gesunden Kühen auf grünen Wiesen und stolze Bauern mit nährender Milch und Butter existieren noch in Kinderbüchern und der Erinnerung von älteren Menschen. Und zum Glück auf kleineren Biohöfen, die immer mehr werden.
Was tun? Jonathan Safran Foer empfiehlt in seinem Buch Wir sind das Klima, maximal in einer Mahlzeit pro Tag Fleisch zu essen (für ihn ist das beim Abendessen, nach ayurvedischen Prinzipien wäre es beim Mittagessen). Für manche ist es 1-2 mal die Woche. Oder 1-2 mal im Monat. Eben soviel/sowenig, dass man keinen Verzicht verspürt bzw. Fleisch und Tierprodukte als etwas besonders wertvolles wahrnimmt. Selbstverständlich sind nur die Tierprodukte aus nachhaltiger Landwirtschaft gemeint. Alles andere müsste eigentlich sofort verboten werden. Alleine diese Maßnahme würde eine gewaltige Entlastung für das Ökosystem bedeuten. Ohne Totalverzicht.
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5. Verwende alles – Verschwende nichts
-> Damit schonst du die Resourcen der Natur und erhöhst die Vielfalt deiner Nahrung
Die meisten von uns wissen bewusst oder unbewusst, wie viel Essen heute verschwendet wird. Man erlebt es hin und wieder in seinem Zuhause, z.B. beim Frühjahrsputz im Kühlschrank oder in den Küchenschubladen. Ganz besonders krass ist das auf All-you-can-eat-Buffets in Hotels, Restaurants oder Kreuzfahrtschiffen zu sehen. Auch der letzte Gast muss noch ein volles Buffet vorfinden, das ist die Regel. In diesem Kontext kommt es auch vor, dass Gäste sich alles auf den Teller laden, was angeboten wird, dann von jedem Teil etwas probieren und den Rest in den Abfallkübel schütten.
Einen weiteren Aspekt betrifft die Verwendung aller Teile eines Lebensmittels. Das Grün der Karotten oder Radischen wird zum Pesto, die Blätter der Roten Bete ergänzen den Spinat, die Blätter des Blumenkohls können im Ofen mitgebacken werden, Blätter des Kohlrabis werden zur Suppe verarbeitet oder zu Chips gebacken, die Gemüsereste ergeben einen basischen Fond. Für die Pflanzenfans gibt es dafür 2 sehr feine Kochbücher: Von der Schale bis zum Kern von Bernadette Wörndl und Leaf to Root von Esther Kern, Pascal Haag und Sylvan Müller.
Für Fleischesser ist das Buch Nose to Tail vom englischen Spitzenkoch Fergus Henderson sehr zu empfehlen.
Wenn man sich vorstellt, dass die Herstellung der Lebensmittel oft wenig nachhaltig ist und Tiere leiden müssen, schmerzt es ganz besonders, wenn die Lebensmittel im Anschluss einfach nur weggeschmissen werden.
Was tun? Bestimmte Lebensmittel, die man oft verwendet, hat man immer in der Speisekammer. Die wird ab und zu gecheckt und ältere Packungen nach vorne gestellt. Für viele ist darüber hinaus ein Wochenplan hilfreich beim Einkaufen. Wieder andere nehmen einfach auf dem Wochenmarkt mit was im Angebot ist und kochen dann „freestyle“. Kreative Rezepte für altes Brot oder überreife Bananen oder andere Reste gibt es überall. Von umfangreiche all-you-can-eat-Buffets hält man sich möglichst fern.
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Darüber hinaus
Wer sich noch klimafreundlicher ernähren möchte, kann mit diversen CO2 Rechnern im Internet für jedes Lebensmittel seinen ökologischen Fußabduck berechnen lassen. Diese sind noch nicht sehr umfangreich, eher ein Anfang, um sich bestimmte Dinge bewusst zu machen. Wers mag ;-).
Und dann ginge es weiter mit Energieverbauch, Plastik, Kosmetik, Bekleidung, Elektronik usw.. Recycle, Reuse, Repair sind die Zauberwörter dazu :-).
Mit all dem wartet man übrigens nicht mehr. Die Zeit des Herumeierns ist vorbei und wenn Millionen von Menschen in ihrem gefühlt “kleinen” Wirkfeld etwas tun, kulmuniert sich das zu einer durchaus größeren Klimahilfe als wir uns vielleicht vorstellen können. So sind z.B. verpackungsfreie Läden nur entstanden, weil viele einzelne sich die Mühe machen, so einzukaufen.
Zum Weiterlesen
Sehr informatives Buch von Charles Eisenstein zum Thema: Klima – eine neue Perspektive
Dieser Beitrag hat 3 Kommentare
liebe Daniela.
ich hoffe es geht euch gut!!!?
bin gerade auf der suche nach leckeren, regionalen und weizenfreien Rezepten.
ich darf am kommenden Wochenende (sa u so) für jeweils 12 Personen bei einem permakulturworkshop bei uns in Kärnten etwas zu mittag kochen. sollte etwas einfaches sein Eintopf mit Salat, Gemüse usw.
vielleicht hast du eine Idee was ich da zaubern könnte??
nachdem ich gerne auf Kokos und Ingwer auf Grund der Transportwege verzichten möchten scheidet schon mal einiges aus was ich auch in den damals von dir empfohlenen Kochbüchern nachgelesen habe.
vielleicht fällt dir ja etwas ein?
ich danke herzlich und schicke euch sonnige grüße, Bettina kriegl
Mein Lieblings-Klima-Gericht ist der mediterrane BlueZones-Eintopf. Ingwer kann man rauslassen und man packt alles rein, was die Region und Saison hergibt. Incl. heimisches Getreide und regionale Berg-, Tellerlinsen etc..
Für Details sende ich dir eine mail.
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