Traumfiguren?
Vor ein paar Wochen lief dieses Vintage-Bild durch meine Facebook Timeline und es erinnerte mich an eine Zeit, in der ich als Kind an der Adria Sandburgen baute. Lange her.
Der Bildtext war eine Anklage gegen die Ernährungsindustrie: A beach in the 70’s. Not one fat body. My, how the food industry destroyed us!
Ein Bild von Menschen am Strand/See/Bad im Jahre 2019 hat jeder vom Sommer noch in Erinnerung. Eindeutig andere Körperformen als in den 70ern und bevor die Nahrungsmittel-Industrie mit nährstoffarmem und überzuckertem Essen in unsere Küchen einmarschierte.
Es wäre natürlich billig, unsere heutigen Gewichts- und damit Gesundheitsprobleme allein der Industrie in die Schuhe zu schieben, denn gezwungen wird niemand zu diesem Essen. Wir sind klug und belesen genug, um unsere Ernährung nicht irgendwelchen Lebensmittelchemikern zu überlassen. Denn aus deren Laboren wird aus ehemals lebendiger Nahrung zwar etwas Essbares produziert, doch kann unser Körper das oft nicht verarbeiten. Er hat schlichtweg nicht das „Personal“ dazu. In der Not werden dann diese essbaren Substanzen, befreit von Nährstoffen und bepackt mit viel Unnatürlichem (wie Chemikalien, synthestische Aroma- oder Farbstoffe, Konservierungsmittel u.ä.) nicht verdaut und oft auch nicht ausgeschieden. Wenn das immer mehr wird ändern sich Gewicht und Körperform in kleinen Schritten.
Das Mikrobiom
In der modernen Ernährungsmedizin heißt das „Personal“ jetzt Mikrobiom und deren Erforschung in den letzten 20 Jahren ist eine spannende Wissenschaft. Sie erklärt die Kraft unseres Immunsystems aufgrund des feinen Zusammenspiels von Trillionen von Mikroben, die hauptsächlich in unserem Darm sitzen. Dabei gibt es förderliche Mikroben, solche die uns eher schaden und dann welche, die einfach nur „abhängen“ und eher keine Wirkung zeigen. Unser Job ist es, die guten und hilfreichen Mikroben mit hochwertiger Nahrung so ausreichend zu füttern, dass sie immer in der Überzahl sind und somit den Darm gesund und das Immunsystem stark halten.
Eine gute Verdauung aufgrund der passenden Darmflora ermöglicht ein Gewicht, das zur individuellen Konstitution passt. Das ist nicht bei jedem ein Sixpack oder eine Modelfigur sondern kann jede Form haben, in der der Mensch sich wohlfühlt.
Als die Ayurvedis vor tausenden von Jahren ihre Texte schrieben, wusste man nichts von Mikrobiomen. Aber es war schon damals klar, dass die Darm-Gesundheit der Schlüssel zum Gesundheitsglück ist.
Ayurveda und Idealgewicht
In unseren Retreats koche ich nach den ayurvedischen Prinzipien, die mir am hilfreichsten erscheinen und die in meinem Alltag gängige Praxis sind. Die Teilnehmerinnen wundern sich manchmal, dass sie Gewicht verlieren, obwohl sie doch „ordentliche“ Portionen verzehren. Und dabei deutlich mehr Energie fühlen zu Ihrer Freude.
Auch früher haben die Menschen „ordentliche“ Portionen vertilgt ohne gleich dick zu werden. Aber sie hatten in der Tat weit weniger Auswahl an industriellen Nahrungsmitteln mit Zutaten, die die eher dick- und krankmachende Mibroben füttern.
Zusätzlich war in den letzten Generationen das Kochen für viele eine genussvolle Freizeitbeschäftigung und nicht eine lästige Plicht im hektischen Alltag.
Wenn man nun eine „Vintage-Figur“ erhalten oder zurückbekommen möchte, kann man es z.B. mit Fasten oder diversen Diäten probieren. Oder dem Mixen von hippen Smoothies/Shots, alternativ dem Schlucken von (meist teuren) Nahrungsergänzungsmitteln. Der Markt bietet Optionen genug.
Eine alte und bewährte Methode wäre aber, seine Ernährung so umzustellen, dass das Abnehmen nebenbei funktioniert bzw. garnicht erst Gewicht aufgebaut wird. Wenns klappt, lassen sich Gesundheit und Vitalität nicht verhindern.
Meine Top 10 Tipps für ein Wohlfühlgewicht ohne Diät
1. Iss frische Nahrung. Möglichst frisch geerntet, frisch gekocht und gleich danach gegessen. Umgekehrt gilt: lass die vorgekochte oder anderweitig verarbeitete „Nahrung“ aus Dosen, Schachteln, Gläsern im Regal stehen. Vermeide Lebensmittel, die von der so Natur nicht vorgesehen sind wie Fertiggerichte, Tiefkühl-Kost, synthetische Aromen, Farben, Geschmacksverstärker.
2. Verwende qualitativ hochwertige Lebensmittel ohne Chemikalien, das ist in der Regel Bioware oder Ware vom kleinen Bauern in der Region. Wenn du Fleisch isst, achte auf Freilandhaltung und ein „gutes“ Leben der Tiere. Iss so selten wie möglich in Kantinen und Restaurants. Aus Kostengründen müssen diese oft auf günstige und weniger hochwertige Zutaten zurückgreifen sowie auf Tiefkühlware und billige Öle.
3. Iss hautsächlich was in unserem europäischen Klimakreis wächst. Das heißt jetzt nicht, dass du auf Ingwer und Pfeffer verzichten musst. Lebensmittel aus anderen Kontinenten, die bei uns nicht wachsen, aber sehr förderlich sind für die Gesundheit, können in kleineren Mengen beigefügt werden. Dazu zählen vor allem Gewürze, bestimmte Reissorten, Kokosprodukte, Bananen uvm.. Ingwer gibts übrigens inzwischen aus Bayern oder dem Burgenland, Quinoa aus Norddeutschland, Amaranth aus Österreich, Süßkartoffeln ebenfalls.
Mein persönlicher Klimakreis erstreckt sich in etwa von Norddeutschland bis Norditalien und Frankreich bis Griechenland mit Schwerpunkt auf regionaler Ware aus Österreich oder Bayern, jeder hat da je nach Wohnort seine eigene Regionalzone.
4. Ernähre dich überwiegend pflanzenbasiert. Ich kennen keine Studie, die bestreiten würde, dass diese Art von Nahrung gesund ist, die Immunkraft stärkt und uns länger leben lässt. Fürs Klima ist es ebenfalls hilfreich, ein gewichtiges Argument. Und es ist eine Tatsache, dass die Tiere, die unsere Milchprodukte oder Fleisch liefern, meist ein grausiges Leben haben, wenn sie nicht auf einem Demeter- oder Ökohof leben. Es fühlt sich nicht gut an, eine solche Industrie zu unterstützen.
5. Reduziere Zucker, Weizen und Fleisch auf ein für dich machbares Minimum, Betrachte diese Lebensmittel als seltenere Beigaben, du musst nicht komplett darauf verzichten.
6. Koche so oft wie möglich selbst, idealerweise mind. 1 Mahlzeit pro Tag. So hast du maximale Kontrolle über Qualität, Frische und Inhalt des Essens. Also keine versteckten Zucker, billige Palmfette, synthetische Stoffe o.ä.. Koche unkompliziert und mit eher weniger Zutaten. Das verdaut sich leichter und Unverdautes kann sich nicht als Gewicht anlagern. Außerdem reduziert es die Zeit in der Küche.
7. Nimm ein kleines Frühstück, ein großes Mittagessen, ein kleines Abendessen. Dieser Rhythmus ist der natürlichste für das Verdauungssystem und entspricht unserer inneren Uhr. In den letzten 2 Jahren wurden viele Texte und Bücher zum Thema Chronobiologie veröffentlicht, die der inneren Uhr gewidmet sind. Vermeide Zwischenmahlzeiten.
8. Iss generell weniger als dein Kopf dir einredet. Die ältesten Menschen auf dem Planeten haben ein Leben lang wenig gegessen. Bei hochwertigen Lebensmitteln benötigt man sowieso weniger, weil sie nahrhafter sind und schneller satt machen.
9. Intervallfasten über 12-16 Stunden in der Nacht hält die Verdauungskraft fit. Das Thema ist sehr trendy und das zu Recht. Man kann durch experimentieren die für sich passende Fastenform finden.
10. Trinke hauptsächlich Wasser, gekocht, gewürzt, als Tee etc.. Vermeide alle gesüßten Getränke, Softdrinks, Limonaden und Getränke auf Sirupbasis.
Die Vorteile liegen auf dem (Küchen)Tisch
Man benötigt keine Tabellen, Listen und Kalorienrechner. Hungerattacken kommen selten vor, weil man die ausreichende Essensmenge erspüren lernt ohne sich zu überladen. Man kann mit Bekannten ausgehen oder bei Freunden essen, ohne durch Spezialdiäten gehandicapt zu sein. Man erspart sich das Einarbeiten in eng gefasste Ernährungskonzepte und das völlige Umstellen seiner Ernährungsgewohnheiten. Beim Kochen mögen ein paar neue Techniken hinzukommen, das altbewährte darf bis auf wenige Ausnahmen bleiben.
Die Beschäftigung mit seiner Ernährung schärft Körpergefühl und Bewusstsein, harmonisiert im Idealfall also auch den Geist. Die Besinnung auf Altbewährtes und Traditionelles schafft eine neue/alte Verbindung zur Natur. Ernährung wird nicht zur gehypten Religion sondern erhält den unaufgeregten Stellenwert, den sie einnehmen sollte. Entspannend.
Wenn man mit diesen Tipps eine Weile experimentiert und trotzdem keine Änderung spürt, kann man mit einem Ayurvedaarzt, Ernährungsberater oder TCM-Experten die individuelle Ernährung beleuchten und gezielte Maßnahmen ausprobieren. Manchmal brauchts nur ein paar kleine Anpassungen, manchmal vielleicht eine größere Darmreinigung. Neben den Ernährungsgewohnheiten spielt letztendlich auch der Lebensstil eine große Rolle für einen gesunden Darm.
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