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Ist Intervallfasten gut für mich?

baerlauch

Derzeit erlebe ich ein spannendes Phänomen: Freunde, mit denen ich mich zum Abendessen verabreden möchte, setzen ein interessantes Zeitfenster: bitte um 17 Uhr, nicht später als 18 Uhr, vor der Dunkelheit o.ä. höre ich da und freue mich, dass nicht ICH die frühe Zeit vorgebe (und oft genug Augenrollen dafür ernte) sondern die anderen :-).

Beim Nachfragen nach dem Grund des vorgezogenen Abendmahls höre ich meistens das Zauberwort Intervallfasten. Das ist derzeit in aller Munde und natürlich in allen Medien. Reflexartig mag man das als einen der vielen Hypes abtun, die die Food Szene in den letzten Jahren zum Dschungel von Trenddiäten aufgebläht hat. Wenn man die Idee jedoch entblättert und auf die Geschichte dahinter blickt, wird schnell klar, dass man es mit einer jahrtausendealten Ernährungsweise zu tun hat, die in fast allen Heiltraditionen und Kulturen bekannt war und gelebt wurde. Ganz einfach, weil man sehr viele Vorteile für Gesundheit und Wohlergehen beobachten konnte, die heute durch Studien nach und nach bestätigt werden.

Gesundheitliche Vorteile

Dem Intervallfasten (oder intermittierendem Fasten) werden folgende Wirkungen zugeschrieben, die sich von Person zu Person anders ausdrücken können. Es

  • unterstützt das Abnehmen ohne Jojo-Effekt
  • verbessert die Insulinempfindlichkeit, schützt vor Diabetes2
  • verringert oxidativen Stress
  • vertieft die mentale Leistungsfähigkeit und Klarheit
  • unterstützt einen erholsamen Schlaf
  • ermöglicht reichlich Energie
  • lindert Entzündungen
  • unterstützt Reparaturprozesse des Körpers
  • verringert die Häufigkeit von Herz-Kreislauf-Erkrankungen
  • senkt die Wahrscheinlichkeit von Krebserkrankungen bzw. unterstützt Krebstherapien
  • lindert Stimmungsschwankungen und Depressionen
  • wirkt reinigend auf Körper und Geist
  • und in der Summe all der Vorteile erhöht es die Lebensqualität und -erwartung.

Das Intervallfasten ist sehr leicht zu realisieren, zeitlich flexibel umsetzbar, sehr alltags- und familientauglich, es erfordert keine extremen Maßnahmen und ist wissenschaftlich fundiert.

Intervallfasten ist übrigens keine Diät, sondern eine Ernährungsweise, bei der man die Einnahmezeiten der Nahrung im Tagesverlauf begrenzt. Dafür gibt es verschiedene Ansätze, aus denen man denjenigen auswählen kann, der am besten zu einem passt.

Die Ayurvedis geben in ihren Texten ebenfalls bestimmte Zeiträume für die Nahrungsaufnahme an. Sie nennen es “meal spacing” und binden es an die idealen Zeiten der Verdauungskraft. Die Idee dahinter ist identisch, es geht darum, der Verdauung Ruhezeiten zu gönnen und die Energie für ALLE physiologischen Tätigkeiten im Körper hochzuhalten.

Intervallfasten hat einen gewaltigen Vorteil gegenüber dem “klassischen” Fasten, bei dem man entweder die Kalorienzufuhr für eine gewisse Zeit stark reduziert oder einige Tage ganz auf Essen verzichtet. Beide Varianten lassen meist Hungergefühle entstehen, die mental eine echte Herausforderung sein könnten. Es ist nicht immer einfach, jemanden davon zu überzeugen, dass er/sie ein längeres, gesünderes Leben führen wird, während man ein ständig nagendes Hungergefühl im Magen verspürt. Fasten und Heilfasten sind auch nicht immer für alle Konstitutionen geeignet. Ein luftiger sog. Vatatyp hat mit Fasten über einen Tag hinaus durchaus Mühe und belastet seine ohnehin nicht sehr regelmäßige Verdauungskraft zusätzlich. Für einen erdigen Kaphatypen kann es dafür genau das richtige sein.

Verschiedene Methoden zur Auswahl

Intervallfasten jedoch passt für jeden und es geht so: In einem Zeitraum von mindestens 12 Stunden pro Tag wird keine Nahrung aufgenommen. Man isst z.B. die letzte Mahlzeit um 19 Uhr und das Frühstück um 7 Uhr. Das wäre die Mindestzeit, mit der man von Intervallfasten sprechen kann und es erscheint den meisten von uns möglicherweise sehr easy. Dieses Intervall entspricht einem natürlichen zirkadianen Rhythmus der Natur. Dieses Minimum gibt der Verdauung eine ausreichende Pause, damit sich der Körper auf Ruhe und Reparatur konzentrieren kann.

Einen wesentlich größeren Effekt erzielt man, wenn man diese 12 Stunden fasten ausdehnt auf 13 oder 14 Stunden. Das Abendessen also früher und/oder das Frühstück später plant. Eine sehr gehypte Variante ist das 16:8 Fasten, bei dem das Fenster der Nahrungsaufnahme auf 8 Stunden verkürzt wird, z.B. zwischen 9 und 17 Uhr. Das Essen sollte dann nährstoffreich und hochwertig sein, leere Kalorien führen zu Hungerattacken und Mangelernährung. Ich bin mir nicht sicher, ob diese extremere Variante nicht einen logistischen und auch sozialen Stress verursachen kann, der eher kontraproduktiv wirkt. Deshalb empfehle ich diese Variante nicht. Hat aber jemand damit keine Mühe und sehr gute Erfahrungen, ist das natürlich super. Fakt ist, dass eine Fastenzeit von 14 Stunden und mehr die sog. Autophagie fördert, d.h. der Organismus “isst” seine abgestorbenen Zellen und wandelt sie in neue Zellen um oder verbrennt sie zur Energiegewinnung, eine Art Selbstreinigungsmechanismus. Für die Erforschung der Autophagie wurde der Japaner Joshinori Ohsumi 2016 mit dem Nobelpreis für Medizin geehrt.

Neuere Berichte und Studien betonen, dass eine Nahrungszufuhr ausschließlich bei Tageslicht sehr förderlich wirkt. Ein Sprichwort dazu sagt: “when the sun goes down, the cooks go home”. Das mag für Regionen auf der Welt, die nahe am Äquator liegen, sehr leicht realisierbar sein. Mit unseren mitteleuropäischen Sommer- und Winter-Sonnenständen wäre eine große Unregelmäßigkeit programmiert, die dann eher wieder das Gegenteil bewirkt: das Verdauungsfeuer (agni) kennt sich nicht mehr aus…

Ebenfalls bekannt sind 5:2 -Varianten, bei denen an 5 Tagen die Woche normal gegessen wird und an 2 Tagen die Kalorienzufuhr auf z.B. 500-800 Kalorien gedrosselt wird.

Varianten, bei denen 1 Tag gefastet wird und man am nächsten Tag essen kann was man will, um am übernächsten Tag wieder zu fasten, sind im ayurvedischen Kontext ausgeschlossen. Das Verdauungsfeuer benötigt eine regelmäßige Zufuhr von “Brennstoff”, die nie in die Extreme geht bzw. nur innerhalb eines begleiteten Fastenkontextes (Heilfasten, Ayurvedakur etc.). Diese Art des Fastens kann dem Verdauungsfeuer für längere Zeit den Garaus machen.

Ein kleines Aber

So gut und machbar das tägliche Intervallfasten klingt, gibt es doch eine kleine Falle in diesem System. Es funktioniert nicht, wenn man regelmäßig spät ins Bett geht. Nach 22 Uhr, wenn der sog. “zweite Wind” kommt, die Ayurvedis nennen das die Pittaphase der Nacht, wird man wieder etwas wacher und gleichzeitig hungriger. Dann wird es sehr schwer, nicht doch nochmal in der Küche oder Vorratskammer nach Essbarem zu suchen. In der Regel ist da kein ayurvedisch frisch gekochtes, leichtes Essen weit und breit. Nimmt man einen Snack, fällt das System zurück in den Verdauungsmodus, das Gegenteil von Verdauungspause. Gleichzeitig kann der innere Reinigungstrupp nicht regenerieren, verjüngen, entspannen, transformieren und Energie für den nächsten Tag aufbauen. Das passiert nämlich während dieser feurigen Energiephase in der Nacht. Ist Essen im Magen, bleibt die Reinigung aus und das Verdauen wird vorgezogen.

Nun kennen wir Kulturen, z.B. die mediterranen Länder, in denen schon mal später am Abend gegessen wird. Das ist nicht optimal, doch haben diese Länder keine Frühstückstradition. Ist die nächste Mahlzeit das Mittagessen, besteht der individuelle Intervall dieser Menschen mehr oder weniger aus dem breakfast skipping. Das kann funktionieren, wenn die innere Uhr seit Geburt so eingestellt ist.
In Studien wurde allerdings eindeutig belegt, dass dinner cancelling den meisten Menschen eher ein Idealgewicht, gute Gesundheit und kraftvolle Energie beschert als das Frühstück auszulassen.

Intervallfasten für unterschiedliche Konstitutionstypen

Intervallfasten ist für jedermann geeignet, auch wenn man seine ayurvedische Konstitution nicht kennt. Sollte man allerdings erfahren sein mit den ayurvedischen Prinzipien oder eine solide Konstitutionsanalyse bei einem Ayurvedaarzt oder -therapeuten erhalten haben, kann man sein Intervallfasten noch weiter feintunen.

Intervall-Fasten für erdige Kapha-Menschen:

  • der Vormittag könnte mit einem Saft oder Smoothie zwischen 10:30 und 11 Uhr überbrückt werden. Kapha-Typen haben meist keinen Hunger am Morgen
  • die Hauptmahlzeit findet zwischen 12:00 und 14:00 Uhr statt
  • ein leichtes Abendessen (z.B. Suppe oder Eintopf) beendet die Nahrungszufuhr zwischen 17:00 und 19:00 Uhr. In dieser Mahlzeit sollte man auf Schweres wie Fleisch, Käse oder ein Übermaß an Getreide verzichten

Kapha-Typen sind eher entspannt, was das Essen betrifft. Ihre Verdauung ist meist langsam und oft reichen 2 Mahlzeiten pro Tag, Bei dieser Art des Fastens können sehr schnell überschüssiges Wasser und Schlacken abgebaut werden. Bei einem Rhythmus von 2 Mahlzeiten pro Tag wird sich ein angenehmes Gefühl von Leichtigkeit einstellen, ein Strahlen von Innen wird sichtbar.

Intervall-Fasten für feurige Pitta-Menschen:

  • leichtes Frühstück zwischen 9 und 9:30 Uhr
  • nährsoffreiche Hauptmahlzeit zwischen 12:00 – 13:00 Uhr mit viel Gemüse, Getreide, hochwertigen Proteinen und Fetten
  • Abendessen um ca.17:30 Uhr

Pitta-Typen verspüren in der Regel einen ausgeprägten Hunger, vor allem wenn ihre Verdauung gut ist. Alle Mahlzeiten sollten gut sättigen, sonst wird der Pitta-Typ leicht “hangry” (hungry und angry). 14:10-Fasten ist in der Regel leichter durchzuhalten als 16:8. Die Hauptmahlzeit am Mittag sollte ausreichend hochwertige Proteine und Fette entahlten, damit es später am Tag nicht zu starken Gelüsten und Hunger kommt. Es empfielt sich, zu Beginn der Umstellung die Abendmahlzeit etwas substantieller zu gestalten und schrittweise leichter zu machen.
Unterstützt wird das Fasten mit dem Trinken von viel Wasser, vor allem abgekocht und abgekühlt auf Raumtemperatur. Ebenfalls empfehlenswert sind grüner Saft oder Smoothies, Aloe Saft oder an heißen Tagen Kokoswasser. Tee mit Kurkuma, Ingwer und Koriander hilft Pittas bei der Entgiftung.

Intervall-Fasten für luftige Vata-Menschen:

  • leichtes, warmes, cremiges Frühstück um ca. 10 Uhr.
  • Die nährstoffreiche Hauptmahlzeit findet zwischen 12:30 und 14 Uhr statt
  • Abendessen um ca.17:00 – 18:30 Uhr

Vata-Typen haben eine eher unregelmäßige Verdauung. Wenn sie sehr beschäftigt sind, können sie schon mal das Essen vergessen. Sind sie nervös, snacken sie sehr viel zwischendurch, was die Verdauung erschwert. Für diese Personengruppe ist eine regelmäßige Essenszeit extrem hilfreich. Auch für Vata-Menschen ist das 12:12 und 14:10- Fasten leichter möglich als 16:8. Die Übergangszeit in einen regelmäßigen Rhythmus ohne snacken kann etwas länger dauern. Hier ist Beständigkeit gefragt und der Erfolg stellt sich über kleine Schritte von Tag zu Tag ein. Die Speisen sollten hauptsächlich warm, feucht, ölig und gut gewürzt sein, suppige Curries, Eintöpfe und cremiges sind von Vorteil.

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Dieser Beitrag hat 13 Kommentare

  1. Heike Jezewski

    Wundervollee Beitrag, liebe Daniela!

    Du triffst es wie immer auf den Punkt.

  2. René Berto

    Du hast ja sooooo recht! Wenn ich es nur durchziehen könnte.
    Mich zwickt und zwackt es eh schon an allen Ecken und Enden.

  3. S. Schü.

    Super! Danke! 🙂 Kurze Frage zum Intervallfasten: ist in der Zeit wirklich GAR NICHTS erlaubt? Wie sieht es zB mit einem kleinen Glas Grapefruit Schorle am Morgen aus?

  4. Natalie

    Danke für diesen super ausführlichen Beitrag. Wie ist deine Meinung dazu, beim 16:8 Intervallfasten wöchentlich zu wechseln. Also in der einen Woche lasse ich durchgängig das Abendessen weg und in der anderen das Frühstück. Könnte das das Verdauungsfeuer durcheinander bringen?

    Liebe Grüße,
    Natalie

  5. Elodie

    Liebe Daniela,

    Dein Beitrag gefällt mir richtig gut! Sehr differenziert dargestellt!
    Danke dafür und liebe Grüße,

  6. Manuel

    Liebe Daniella,

    Super Betrag von dir. Hast mir einen sehr wichtigen Mehrwert geliefert und mich dazu bewegt es durchzuziehen.

    Top weiter so!!

    Freundliche Grüsse

    Manuel