Die ursprüngliche ayurvedische Ernährungslehre versteht Essen als sinnlichen und genussvollen Akt, bei dem sowohl die Freude beim Essen als auch danach gewährleistet werden soll.
Und offensichtlich gab es schon vor tausenden von Jahren Essverhalten, das die Freude „danach“ etwas eingetrübt hat. So ist eine Anzahl von hilfreichen Beobachtungen entstanden, um Verdauungsstörungen zu reduzieren oder zu vermeiden. Es muss nicht sein, dass man kurzfristigen Hochgenuss mit ein paar Stunden Bauchschmerzen „bezahlt“.
Allerdings ist das Thema „Diät“ und „Essensregeln befolgen“ für manche Menschen so etwas wie ein rotes Tuch. Jeder subjektiv gefühlte Ansatz von Verzicht oder der Druck, alles „richtig“ machen zu wollen, behindert einen freudvollen Umgang mit Ernährung. So steht man am Herd und hunderte ernährungsphysiologische Grundsätze rasen beim Kochen durch den Kopf, do’s und dont’s, die man irgendwann mal gehört oder gelesen hat. Und man verliert den Mut. Gleiches gilt übrigens für das Essen im Restaurant.
Doch es geht nicht um richtig oder falsch, sondern darum, die individuell passende Ernährung zu finden, die unerwünschte Nebeneffekte sowohl kurzfristig als auch langfristig vermeidet.
Und es gibt dieses intuitive Gefühl in jedem, das genau weiß, was einem gut tut und was nicht, was der Körper gerade benötigt, was man besser lassen sollte, auch wenns noch so verführerisch aussieht. Man könnte diesem „Bauchgefühl“ gerne blind folgen.
Liebe zum Essen und zu sich selbst ist dabei quasi die Grundzutat für einen dauerhaften Genuss. Die gute Absicht nährt den Körper auf einer subtilen Ebene, auch wenn nicht alles perfekt gelingt. Allein der freudvolle Umgang mit Ernährung ist das gesündeste, was man sich gönnen kann im Gegensatz zu Schuldgefühlen, dogmatischen Ansätzen, Überessen, Eile, oder Gleichgültigkeit. Ein bestimmtes Maß an Selbstkontrolle ist natürlich äußerst hilfreich auf dem Weg.
Frisches und selbst gekochtes Essen eine weitere Grundzutat der genussvollen Ernährung. Bei einem vollen Terminkalender bedeutet das manchmal einen Shift in der Prioritätenliste, der die Lebensqualität jedoch deutlich erhöhen kann. Fakt ist, dass schneller „leben“, schneller arbeiten, schneller von A nach B kommen, schneller essen die Lebensfreude und Zufriedenheit in keiner Weise steigert. Die Verdauung macht bei diesem „schneller, höher, weiter“ sowieso nicht mit, sondern reagiert gerne mal mit Streik. Zeit einzuplanen für die Zubereitung einer kleinen Mahlzeit ist essentiell, wohltuende Ernährungsquellen außerhalb der eigenen Küche findet man eher nur in Großstädten. Wenn man sich dann nach dem Essen noch kurz Zeit nimmt um nachspüren, erkennt man die Wirkungen von Auswahl und Zubereitung des Essens auf die Befindlichkeit und den Energielevel.
Es gibt unzählige Bücher über Ernährung, man kann Ernährungslisten berücksichtigen oder einem Trend folgen (derzeit vegan und raw). Das ist manchmal hilfreich, oft anregend und macht Spaß. Doch man sollte nicht vergessen, dass dies nur Richtlinien sein können. Irgendwann werden keine Ratgeber und Regeln mehr benötigt, weil das Bauchgefühl das Ruder übernommen hat und weise auswählt, was dem Körper am besten tut.
Bis dahin könnten aber die folgenden Informationen hilfreich sein ;-).
Was schwächt unsere Verdauung?
Es gibt viele Faktoren, die unser Verdauungsfeuer schwächen können. Einige davon können wir nur sehr beschränkt verändern, z.B. die Wirkungen von Umwelteinflüssen, Hormonschwankungen, jahreszeitlichen Schwankungen, Klimawechsel, Orstwechsel/Reisen. Ebenso können Nebenwirkungen von Medikamenten, die man über längere Zeit nehmen muss (z.B. Antibiotika, Schmerzmittel, orale Kontrazeptiva) das Verdauungsfeuer agni schwächen. Auch Erkrankungen wie Darmparasiten, Krankheiten der Bauchspeicheldrüse, Leber, Gallenblase, Darm-Infektionen usw. bewirken ein schwächeres agni sowie bei Frauen die Zeit der Schwangerschaft, prämenstruellen Phase und Menopause.
Dann sind es auch mentale Faktoren wie Wut, Trauer, Stress, Angst, Unruhe, Prüfungsstress, Spannungen in Familie oder am Arbeitsplatz und Schlafmangel, die das Verdauungsfeuer bremsen. Nicht umsonst gibt es eine Empfehlung, bei starkem Ärger erst mal nichts zu essen. Und am besten auch nicht zu kochen, besonders nicht für andere… ;-).
Doch es gibt die Faktoren, die wir selber beeinflussen können, täglich 3 mal wenn wir wollen, z.B. die Auswahl der Nahrung, deren Kombination, das Kochen und das Essen. Kein Mensch kann uns da reinreden oder etwas vorschreiben. Hier gilt es, alles zu vermeiden, die das agni schwächen könnten, als da wären:
- falsche oder einseitige Ernährung (immer dasselbe)
- überwiegend schwere und schwer verdauliche Nahrung (Fleisch, Käse, Sahne, Milchprodukte, Rohkost)
- zu viele Milchprodukte (jeden Tag Käse, Sahne, Joghurt)
- zu fettige und würzige Speisen (frittiertes, salziges, Chips etc.)
- inkompatible Kombinationen von Lebensmitteln (z.B. Milchprodukte in Verbindung mit Fleisch, Fisch und Obst)
- Nahrung, gegen die man eine starke Abneigung empfindet, auch wenn sie noch so gesund sein soll (Kinder und Spinat)
- Rohe und nicht richtig gekochte Nahrung
- Nahrung, welche Magen und Darm irritiert oder Entzündung verursachen kann, (scharfes und saures, Essig, Tomaten, Ananas etc.)
- kühlende bzw. sehr kalte Nahrung und Getränke (Eiscreme, eisgekühlte Getränke)
- Trockene, dehydrierte Nahrung
- Nahrung, die zu lange in Wasser aufgeweicht wurde
- Zuviel Flüssigkeit (Trinken) vor und beim Essen bringt das Feuer, das gerade jetzt am meisten benötigt wird, zum erlöschen
- zuviel Essen
- Essen ohne Hunger
- Essen unter Stress und in Eile oder im Stehen (lunch to go) wird kaum verdaut
- Essen in kurzen Abständen und viele Zwischenmahlzeiten (ständiges snacken)
- Fertiggerichte, industrielles Essen, Mikrowellen-Essen,
- Genussmittel (Tabak, Alkohol)
- unregelmäßige Essgewohnheiten und Schlafmuster
- Fasten (Agni erlischt beim Fasten)
Die Liste scheint endlos und in der Tat könnte man sie beliebig verlängern. Doch keine Sorge: man muss das nicht alles berücksichtigen. Pickt man sich 2-3 Punkte heraus, ändern sich oft im „Nachgang“ ein paar weitere Punkte gleich mit. Das ist pure Körperintelligenz :-).
Das stärkt die Verdauung!
Das Gegenteil dieser Aufzählung wirkt also unbedingt agnistärkend, hinzu kommen weitere „Stärkungsmitel“:
- die Verwendung von Gewürzen und Heilkräutern in Essen und Trinken, vor allem wärmende und verdauungsfördernde Gewürze wie Ingwer, Zimt, Kreuzkümmel, Fenchel, Koriander, Pfeffer.
- die Nahrung muss vor allem leicht sein, schweres muss so verarbeitet (gekocht) werden, dass es leicht wird
- ab und an einen Fastentag mit Reissuppe einlegen
- Essen, das durch Feuer (kochen) transformiert wurde, ist leichter verdaulich und hilft dem inneren Feuer, dass es nicht so hart „arbeiten“ muss. Rohkost verbraucht mehr Energie als es liefert.
- Das Mittagessen als größte Mahlzeit des Tages unterstützt den natürlichen inneren Rhythmus.
- Sich auf das Essen konzentrieren. Multitasken kann man den ganzen Tag, das muss nicht beim Essen sein…
- Trinken von warmen Getränken und Tees
- Während des Essens nichts trinken
- das Einnehmen von verdauungsfördernden Getränken (Ingwerwasser, Gewürzwasser etc.)
- Spazierengehen, schwimmen, Yoga machen, das alles fördert agni
Wo soll man da jetzt anfangen? Mein persönlicher Tipp als kickoff für eine bessere Verdauung: Speed rausnehmen beim Essen. Für eine kurze Zeit in die Entspannung kommen bevor man sich an den Tisch setzt und das Essen langsam geniessen. Für mindestens eine Woche ausprobieren. Danach kann man an einem xbeliebigen Punkt weitermachen… 🙂
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