In den ayurvedischen Texten ist der Aspekt von Nachhaltigkeit automatisch verankert. In diesem Artikel zur klimagerechten Ernährung vom März 2020 beschreibe ich zeitlose und machbare Tipps, wie wir den Planeten mit unserem Essverhalten so wenig wie möglich belasten. Doch bei der Ernährung endet das nicht, auch Lebensstil und unsere Einstellung zur Natur haben Konsequenzen für eine lebenswerte Erde.
Sicher ist, das immer mehr Menschen immer mehr verbrauchen (Strom, Wasser, Ressourcen der Natur), was eine große Belastung für das Ökosystem bedeutet. Nun ist man sich über die einzelnen Einflussfaktoren zum Klimawandel alles andere als einig und die Glaubenssätze haben sich vervielfacht. Auch mein persönlicher Wissensschatz und Blickwinkel haben sich in den letzten Jahren um viele Facetten aus unterschiedlichen Richtungen erweitert. Taucht man tief in das Thema hinein, finden sich wissenschaftliche Thesen, die äußerst komplexe physikalische Variablen der Natur sowie weit in die Vergangenheit reichende Zyklen in den Diskurs mit einbeziehen. Diese Faktoren liegen außerhalb unseres Wirkungskreises und zu glauben, dass der Mensch alleine das Klima “retten” könnte, scheint mir etwas vermessen. Trotzdem sind wir als Individuen keineswegs machtlos und können sehr viel im Kleinen bewegen.
Klima und Eigenverantwortung
Meine Gedanken sind stark beeinflusst von Workshops und Interviews mit Charles Eisenstein, der im Herbst 2019 Deutschland und Österreich besuchte, um sein sehr lesenswertes Buch „Klima – Eine neue Perspektive“ vorzustellen.
Charles Eisenstein ist ein weltweit bekannter Philosoph, Autor, Speaker und kritischer Geist zu den wichtigsten Themen des jeweiligen Zeitgeistes. Mit seinen Ausführungen überraschte er viele seiner Zuhörer, die vermutlich eine technologische Lösung von außen oder die Bestätigung ihrer CO2 Fixierung erwartet hatten. Doch in seinen Vorträgen spürte man sein Anliegen, nicht den rationalen Verstand, sondern direkt die Herzen der Menschen zu berühren, den Blickwinkel auf die Erde neu zu justieren und an Selbstverantwortung und individuelle Ethik zu appellieren.
Lebendiger Organismus vs komplexe Maschine
Das Buch ist eine aufrüttelnde Lektüre, denn Charles Eisenstein hält uns durchaus unbequeme Wahrheiten unter die Nase. Hier eine seiner Thesen, in die man hineinspüren und Antworten in sich suchen kann:
Die Erde ist ein lebendiges Wesen, ihre Organe sind die Ökosysteme von Böden, Wäldern, Steppen, Feuchtgebieten, Gewässern, Naturreservaten. Wir Menschen haben das jahrzehntelang nicht beachtet und somit neben vielen anderen Faktoren zur Klimakrise beigetragen. Diese ist ein Spiegel für die Art und Weise, wie wir mit Mitmenschen, Tieren und der Umwelt umgehen. Wenn alles zur Ware und dem Konsum bzw. Wachstum untergeordnet wird, gerät die Menschlichkeit und Wertschätzung für essenzielle Ressourcen unter die Räder. Die Lösung entstünde aus dem innersten Wunsch, den Planeten zu einem lebenswerten Ort zu machen, in dem Menschenrechte geachtet, sowie Natur, Umwelt und Lebewesen inkl. Pflanzen als Teil des großen Ganzen geschützt werden.
Eine sehr ähnliche Sichtweise und uns etwas “näher” sind die Initiativen und Filme von Catharina Roland aus Österreich. (Links zu den Filmen s.u.).
Die Klimadebatte wird jedoch so geführt, als wäre die Erde eine Maschine, die man durch die richtigen Eingriffe kontrollieren und beherrschen kann. Doch das sich ständig erweiternde Wissen zum Klima ist so komplex, dass auch Wissenschaftler Mühe haben, die unzähligen Wechselwirkungen in stabile Prognosen zu transferieren. Den in den Medien und bei (vor allem jungen) Aktivisten gebetsmühlenartig vorgetragenen Wissenschafts-Konsens von 99+% gibt es nicht, was bei ideologiefreiem Recherchieren sehr schnell klar wird. Ein offener und breiter Diskurs könnte zu einer großen Bandbreite von lösungsorientierten Maßnahmen führen, jenseits von politisierten Ideologien, die in der Regel den Blick und somit den Handlungsrahmen stark verengen.
NetZero?
Die Komplexität ist eine große Hürde beim Versuch, einen ausgereiften „Plan“ zu erarbeiten, um sich den Änderungen der Klimazyklen anpassen zu können. In diesem Vakuum hat sich das Monothema CO2 manifestiert. Es scheint eine vielversprechende Formel zu sein, um die Probleme zu lösen. Wir glauben, wenn wir die Emissionen auf Netzero reduzieren, dann haben wir den Kampf gewonnen bzw. die Erde gerettet.
Die Herausforderung bei diesem reduktionistischen Ansatz besteht darin, dass wir andere Koordinaten des Systems unberücksichtigt lassen, die durch diese Maßnahme verändert werden und damit neue Herausforderungen oder Probleme verursachen. Jedes Fokussieren auf einen Teilbereich ignoriert die Wechselwirkung mit anderen Klimafaktoren wie Bodenwirtschaft, Umweltgifte, Überbevölkerung, Essverhalten, Lebensweise, soziales Miteinander, Energiekrisen, Kriege.
Die Vorgehensweise und die leider teilweise apokalyptische Wortwahl (Todeszonen, Weltuntergang, die Erde kocht usw.), mit der diese Strategie umgesetzt wird, bewirkt Angst, Widerstand und Resignation in den Menschen, die die Maßnahmen wirtschaftlich tragen müssen. Aus Angst wird Spaltung und Hass, auf diesem Boden entstehen niemals tragfähige Lösungen. Neue Ideen werden sich vermutlich finden, sobald man den Diskurs auf eine sachliche Ebene stellt und das richtig/falsch-Denken eliminiert werden darf. Wissenschaftler (inkl. Nobelpreisträger) auszugrenzen, weil sie zu anderen Schlüssen kommen, scheint mir kontraproduktiv, wenn man Lösungen zum Wohle ALLER finden möchte.
Da ich aus der Generation “saurer Regen” komme, bin ich leicht zuversichtlich, weil ich über Jahrzehnte technologische Fortschritte miterlebt habe. Die Beispiele im Film Tomorrow wirken dabei wie ein erfreulicher Stimmungsbooster. Und das spirituelle Bewusstsein dafür scheint sich ebenfalls gerade zu entwickeln.
Was kann jeder einzelne tun?
Unsere Aufgabe ist es, zu erkennen, dass alles mit allem zusammenhängt. Wir sind nicht getrennt von der “Außenwelt”, der Natur, den Anderen, dem Klima. Innere Freiheit für die Bewältigung von Krisen entsteht, wenn wir uns (wieder) mit der höheren Quelle verbinden, wie immer diese sich für jeden von uns zeigt (Gott, Universum, Natur, Gaia). Der Handlungsspielraum für gemeinsame Lösungen öffnet sich weit bei der Frage: “diene ich mit einer bestimmten Handlung dem Leben, der Umwelt, der Gesellschaft?”
Wenn unser inneres Bild von einer Welt, in der wir in Zukunft leben wollen, aus dem Herzen kommt, richten sich Entscheidungen daran aus. Unsere Einstellung orientiert sich möglicherweise weg vom Nehmen (Konsum mit all seinen unmenschlichen Rahmenbedingungen) hin zum Geben und Schützen. Jede unserer Handlungen, die sich an einem inneren Kompass von Menschlichkeit und Ethik orientieren, haben auch einen positiven Einfluss auf das Klima. Wenn mir Tierwohl wichtig ist, esse ich weniger oder gar kein Fleisch. Wenn mir die Ressourcen der Natur wichtig sind, vermeide ich unbedachten Konsum. Bin ich auf einem spirituellen Pfad, bleibe ich offen für Andersdenkende, usw..
In einem Komplex von heterogenen Partikularinteressen brauchen wir auf sinnvolle Maßnahmen von Politik oder Unternehmen nicht warten. Auch nicht, dass unsere Mitmenschen unseren Weg einfach mitgehen. Letztendlich ist jeder einzelne von uns am Ball und kann seinen Beitrag leisten, um folgende Ziele zu unterstützen:
- Alle noch intakten Ökosysteme bewahren (Umweltinitiativen unterstützen)
- Zerstörte Ökosysteme regenerieren und wiederaufforsten
- Die Landwirtschaft auf regenerative Landwirtschaft umstellen und giftige Chemikalien auf Lebensmitteln vermeiden (beim täglichen Einkauf Bio-Lieferanten bevorzugen)
- Überkonsum und Müll reduzieren/vermeiden: Lebensmittel, Kleidung, Technik, usw.
- Tierwohl fördern
- Fossile Energiequellen reduzieren (Fliegen, Auto, Heizung, Plastik, Kosmetika usw.)
- Liebe zu Menschen, Umwelt und Natur kultivieren und damit Frieden auf allen Ebenen schaffen
Wenn ausreichend viele Menschen Herz und Verstand verknüpfen, kann sich viel zum Positiven ändern. Die Impulse kommen von innen, aus einer Haltung von universeller Liebe, Demut und Service für Mutter Natur. Raus aus dem Ego und der Selbstgerechtigkeit, rein ins Wir und Miteinander.
Weiterführende Links
Filme von Catharina Roland: Manifest einer neuen Erde und Awake2Paradise
Das Buch “Lichtblick statt Blackout” von Vince Ebert
Film: Tomorrow – Die Welt ist voller Lösungen
World Climate Declaration von über 1800 Wissenschaftlern
Verein zur Förderung des Wandels in Wien: Pioneers of Change
Update 19.12.23: Im Text sind Links zum Wirken von Catharina Roland zugefügt.
Photo: der unglaublich schöne Nationalpark Krka in Kroatien